Fertigung von Fotos während der Umgangsausübung
OLG Karlsruhe 14.2.2023 – 2 WF 22/23
Aus dem Sachverhalt:
Der ASt. geht davon aus, der biologische Vater des hier in Rede stehenden Kindes zu sein. Die Ag. und rechtlichen Eltern des Kindes sind die Mutter und deren Ehemann. Die Anträge des ASt. auf Vaterschaftsanfechtung und Feststellung der eigenen Vaterschaft sowie die eingelegte Beschwerde wurden zurückgewiesen.
In einem vorangegangenen Verfahren wegen Umgangs einigten sich der ASt. und die Ag. darauf, dass ein begleiteter Umgang mit dem ASt. stattfinden sollte. Im weiteren Verlauf beantragte der ASt. sodann, dass ihm auf Grundlage des Auskunftsrechts gem. § 1886a Abs. 1 Nr. 2 BGB das Fotografieren seines Kindes während des Umgangs zu gestatten sei. Die Ag. beantragten, die Anträge zurückzuweisen, da sie befürchteten, der ASt. würde die Fotos im Internet veröffentlichen.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Amtsgericht die Anträge zurück und legte nach § 81a FamFG dem ASt. die Kosten des Verfahrens auf. Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich die Beschwerde des ASt.
Aus den Gründen: „ 1. Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Antragsteller geht zutreffend davon aus, dass Kostenentscheidungen in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit isoliert mit der Beschwerde gemäß § 58 FamFG anfechtbar sind (…).
2. Die Beschwerde des Antragstellers ist teilweise begründet. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts entspricht es nicht der Billigkeit, den Antragsteller mit den außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner zu belasten.
a) Maßgeblich für die zu treffende Kostenentscheidung ist die Regelung in § 81 Abs. 1 und Abs. 2 FamFG. Danach kann das Gericht die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen ganz oder teilweise den Beteiligten auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist.
Bei der Ermessensausübung im Rahmen des § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist nicht von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis auszugehen; vielmehr ist dem Gericht, das eine Kostenentscheidung trifft, ein weiter Gestaltungsspielraum dahingehend eingeräumt, welchem Beteiligten welche Kosten des Verfahrens auferlegt werden (…). Der Senat geht in Übereinstimmung mit der zwischenzeitlich überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass sich die Überprüfungskompetenz des Beschwerdegerichts bei der Überprüfung von Kostenentscheidungen nicht auf eine Überprüfung auf Ermessensfehler beschränkt. Vielmehr obliegt es dem Senat, eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen (…). Allein der Umstand, dass das Amtsgericht seine Kostenentscheidung nicht begründet hat, rechtfertigt daher keine Aufhebung der Entscheidung. Der Senat hat grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden und hierbei sein Ermessen auszuüben.
b) Dies vorausgeschickt entspricht die Kostenentscheidung des Amtsgerichts nur teilweise der Billigkeit.
aa) Rechtlich nicht zu beanstanden ist, dass das Amtsgericht die gerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens dem Antragsteller auferlegt hat. Der Hinweis des Antragstellers, dass in Sorgerechts- und Umgangsverfahren die Gerichtskosten zu teilen sind, überzeugt nicht. Im vorliegenden Fall handelt es sich weder um ein Umgangsverfahren, das von Amts wegen betrieben wird, noch streiten Eltern um die Frage, wer von ihnen die elterliche Sorge ausüben soll. Bei dem Verfahren gemäß § 1686a Abs. 1 Nr. 2 BGB handelt es sich vielmehr um ein Antragsverfahren, in dem sich der Auskunftsberechtigte und die zur Auskunft Verpflichteten als Gegner gegenüberstehen. Es handelt sich mithin um ein echtes Streitverfahren, so dass es der Billigkeit entspricht, das Maß des Obsiegen / Unterliegens als entscheidendes Kriterium für die Verteilung der gerichtlichen Kosten heranzuziehen (…). Mit seinen Anträgen verfolgt der Antragsteller ausschließlich seine eigenen Interessen und Rechte.
bb) Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten ist abzusehen. In Kindschaftssachen ist hinsichtlich der Auferlegung der Kostenerstattungspflicht auf einen Beteiligten Zurückhaltung geboten (…). Verfahren, die das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes betreffen, sind nach der ausdrücklichen Regelung in § 151 Nr. 2 FamFG Kindschaftssachen. Die Anordnung der Erstattung notwendiger Aufwendungen anderer Beteiligter bedarf besonderer Rechtfertigung im Einzelfall (…). Allein das Unterliegen eines Beteiligten begründet nicht ohne Weiteres dessen Verpflichtung zur Tragung der Kosten (…).
cc) Billigkeitsgesichtspunkte, die eine Überbürdung außergerichtlicher Kosten rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.
Die Vorschrift des § 81 Abs. 2 FamFG rechtfertigt hier keine abweichende Kostenentscheidung. § 81 Abs. 2 FamFG führt Regelbeispiele für eine einseitige Belastung eines der Beteiligten mit Verfahrenskosten auf, unter anderem § 81 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FamFG. Nach § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG soll das Gericht die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste.
Es sind für den Senat keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass dieser Regeltatbestand erfüllt ist und dass der ausführlich begründete Antrag des Antragstellers von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste (§ 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG). Die Erfolgsaussicht fehlt von vornherein, wenn eine abschlägige Entscheidung sofort und ohne Anhörung eines weiteren Beteiligten möglich ist (…).
Der Antragsteller hat seinen Antrag auf § 1686a Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützt. Der Auskunftsanspruch des § 1686a BGB entspricht inhaltlich dem Anspruch des § 1686 BGB. Der biologische, nicht rechtliche Vater kann Auskunft über alle wesentlichen persönlichen Belange des Kindes verlangen; insoweit gelten dem Prinzip nach die gleichen Grundsätze wie in § 1686 BGB (…). Gemäß § 1686 BGB kann jeder Elternteil vom anderen Elternteil bei berechtigtem Interesse Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Die persönlichen Verhältnisse umfassen im Grundsatz alle für das Wohlbefinden und die Entwicklung des Kindes wesentlichen Umstände. Das Auskunftsrecht dient dazu, dem Elternteil, der nicht mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt, zu ermöglichen, sich von der Entwicklung des Kindes und seinem Wohlergehen laufend überzeugen zu können. Ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 1686 BGB besteht insbesondere dann, wenn der Elternteil keine andere zumutbare Möglichkeit hat, sich über die Entwicklung und die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu unterrichten (…). Ein Auskunftsanspruch gemäß § 1686 BGB besteht jedoch nur insoweit, als dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Mit der negativen Kindeswohlprüfung soll vor allem missbräuchlichen Ansprüchen entgegengetreten werden. Grundsätzlich schließt das Auskunftsrecht ein Recht auf Zusendung von Fotografien mit ein (…). Der Anspruch des biologischen Vaters umfasst auch den Anspruch, ein aktuelles Bild des Kindes übermittelt zu bekommen (…). Die rechtliche Frage, ob ein biologischer Vater berechtigt ist, sich diese Fotografien selbst zu beschaffen und Fotos von seinem Kind zu machen, ist höchstrichterlich bislang noch nicht entschieden und bedarf im Einzelfall der sorgfältigen Abwägung der widerstreitenden Interessen und Grundrechtspositionen sowohl der rechtlichen Eltern, des biologischen Vaters und schließlich des Kindes. Eine von vornherein fehlende Erfolgsaussicht kann deshalb nicht bejaht werden.
Auch die übrigen Regelbeispiele des § 81 Abs. 2 FamFG sind ersichtlich nicht erfüllt. Billigkeitsgesichtspunkte, die ausnahmsweise auch ohne das Vorliegen eines Regelbeispiels eine Auferlegung der außergerichtlichen Kosten rechtfertigen könnten, sind von den Antragsgegnern nicht dargetan worden. Insbesondere kann dem Antragsteller kein querulatorisches Verhalten zur Last gelegt werden. Es ist menschlich verständlich, dass der Antragsteller schöne Momente, die er mit seinem Kind erlebt, im Bild festhalten möchte. Er hat sich außergerichtlich bemüht, die Zustimmung der rechtlichen Eltern zu erhalten. Es hat daher bei dem allgemeinen Grundsatz zu verbleiben, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt. (…)“
Zusammenfassung:
Ob ein biologischer, umgangsberechtigter Vater berechtigt sei, selbst Fotos von seinem Kind zu machen, ist höchstrichterlich bislang noch nicht entschieden und bedarf im Einzelfall der sorgfältigen Abwägung der widerstreitenden Interessen und Grundrechtspositionen sowohl der rechtlichen Eltern, des biologischen Vaters und schließlich des Kindes.