Veröffentlichung von Fotos im Internet als Angelegenheit von erheblicher Bedeutung
OLG Oldenburg, Beschluss vom 24. Mai 2018 – 13 W 10/18 –
Aus dem Sachverhalt:
Der Antragsteller ist geschiedener Vater des minderjährigen Kindes K. Seine Ex-Frau und Mutter des K ist Inhaberin des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das Kind; im Übrigen üben die Eltern die Sorge für K gemeinsam aus. Die Mutter ist in zweiter Ehe mit dem Antragsgegner verheiratet und lebt mit K auf dem Bauernhof des Antragsgegners, für welchen jener eine kommerzielle Internetseite betreibt.
Der Antragsteller rügt, der Antragsgegner habe ohne sein Einverständnis Fotos des Kindes auf dieser Seite veröffentlicht und stellt unter anderem Anträge auf Unterlassung der Veröffentlichung.
Mit seinem Begehr blieb er in zwei Instanzen erfolglos.
Aus den Gründen:
Zunächst stellt das OLG zwar fest, dass die Veröffentlichung des Bildes des K ohne Einwilligung des Vaters rechtswidrig ist:
„Zu beachten ist zunächst, dass gemäß § 22 KunstUrhG Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen. Hierzu zählt auch das Einstellen von Fotos auf einer Internetseite. Ist der Abgebildete minderjährig, bedarf es zusätzlich der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (…). Dies sind im Regelfall gemäß § 1629 BGB die sorgeberechtigten Eltern.“
Allerdings hatte der Vater gleichwohl keinen Erfolg, da er nicht allein befugt war, gegen die Veröffentlichung des Fotos vorzugehen:
„Der Antragsteller ist jedoch nicht befugt, allein im Namen seiner Tochter gegen eine unberechtigte Veröffentlichung von Fotos des Kindes gerichtlich vorzugehen, da für eine Entscheidung hierüber gemäß § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB das – hier nicht vorliegende – gegenseitige Einvernehmen der Eltern erforderlich ist. Dies folgt daraus, dass es sich bei einer Entscheidung über die Veröffentlichung von Fotos des Kindes auf der streitbefangenen Internetseite (…) und – hieraus folgend – bei einer Entscheidung über ein gerichtliches Vorgehen gegen eine unberechtigte Veröffentlichung um eine Angelegenheit handelt, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist. Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung i.S.v. § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB sind in Abgrenzung zu Angelegenheiten des täglichen Lebens i.S.v. § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB im Regelfall solche, die nicht häufig vorkommen und auch deshalb in aller Regel erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben oder haben können und in ihren Folgen nur mit einigem Aufwand zu beseitigen sind. Zu beachten ist auch die soziale Bedeutung des Entscheidungsgegenstandes (…). Im vorliegenden Fall ist zunächst der besonderen Bedeutung des in § 22 KunstUrhG einfachgesetzlich normierten Rechts am eigenen Bild als Ausprägung des auf Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beruhenden allgemeinen Persönlichkeitsrechts Rechnung zu tragen (…). Insbesondere bei Veröffentlichung von Fotos im Internet ist dieses Recht in erhöhtem Maße gefährdet, da der Personenkreis, dem die Fotos zugänglich gemacht werden, theoretisch unbegrenzt ist, eine verlässliche Löschung von Fotos nicht möglich und eine etwaige Weiterverbreitung kaum kontrollierbar ist (…). Hinzu kommt, dass die streitbefangenen Fotos auf der Webseite des vom Antragsgegner betriebenen Bauernhofes veröffentlicht wurden und werden, die eindeutig werbenden Charakter hat und folglich kommerzielle Ziele verfolgt. Insbesondere aufgrund dieses Gesichtspunktes erscheint die sechsjährige (K) besonders schutzbedürftig, so dass für diese eine Entscheidung für oder gegen die Veröffentlichung von Bildern auf der streitbefangenen Internetseite von erheblicher Bedeutung i.S.v. § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB ist. Eine derartige Entscheidung kann mithin nur im gegenseitigen Einvernehmen der Eltern erfolgen, woraus aber auch folgt, dass der Antragsteller nicht allein befugt ist, den Antragsgegner wegen unzulässigen Hochladens der Fotos gerichtlich in Anspruch zu nehmen. Eine familiengerichtliche Übertragung der Entscheidung über ein derartiges Vorgehen auf den Antragsteller nach § 1628 BGB ist bislang nicht erfolgt.“
Zusammenfassung:
Bei der Veröffentlichung von Fotos eines Kindes getrenntlebender gemeinsam sorgeberechtigter Eltern auf einer kommerziellen Zwecken dienenden Internetseite handelt es sich um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung i.S.v. § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB. Will (nur) ein Elternteil allein gegen eine solche Veröffentlichung vorgehen, muss es zunächst gem. § 1628 BGB beantragen, dass ihm diese Entscheidung allein übertragen wird.