Kindeswohlgefährdung: Anforderungen an den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts und Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen
BGH 21.9.2022 – XII ZB 150/19
Aus dem Sachverhalt:
Das Verfahren betrifft Maßnahmen wegen Gefährdung des Kindeswohls, namentlich familiengerichtliche Weisungen, die darauf gerichtet sind, den persönlichen und Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen Kontakt des Vaters mit seinen 2014 und 2016 geborenen leiblichen Töchtern zu beschränken.
Der Vater ist mehrfach im Zusammenhang mit Sexualstraftaten zum Nachteil von Minderjährigen in Erscheinung getreten.
Wegen zwei missbrauchenden Video-Chats wurde er am 17.11.2010 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Im Rahmen einer polizeilichen Wohnungsdurchsuchung wurden beim Vater im Oktober 2007 ein Laptop und eine externe Festplatte sichergestellt, auf denen sich ua 104 eindeutig kinderpornografische Bilddateien befanden, die den sexuellen Missbrauch von Kindern im Alter von zwei bis zwölf Jahren abbildeten. Das diesbezüglich eingeleitete Strafverfahren, in dem der Vater in erster Instanz zu einer Geldstrafe verurteilt worden war, wurde in der Berufungsinstanz nach § 154 Abs. 2 StPO im Hinblick auf die Verurteilung vom 17.11.2010 eingestellt.
Im Februar 2016 nahm der Vater über „WhatsApp“ Kontakt zu einem 13-jährigen Mädchen auf und versuchte, es zu einem persönlichen Treffen zu bewegen, bei dem es zu sexuellen Handlungen kommen sollte. Bei der in diesem Zusammenhang durchgeführten Wohnungsdurchsuchung wurden auf seiner externen Festplatte kinderpornografische Bilddateien gefunden, die zu einer Verurteilung (7.11.2018) wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und des Besitzes kinderpornografischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten führten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
Die Kriminalpolizei informierte das Jugendamt im September 2017 über die Tatvorwürfe gegen den Vater. Der Versuch des Jugendamts, gemeinsam mit den seinerzeit noch zusammenlebenden Eltern einen Schutzplan zu verabreden, scheiterte zunächst an der fehlenden Mitwirkungsbereitschaft des Vaters. Nach den Angaben der Mutter wurde die Betreuung der Kinder in der Folgezeit unter Einbeziehung der Großeltern als Betreuungspersonen so geregelt, dass der Vater keine Zeit allein mit seinen Kindern verbringen könne.
Das Amtsgericht leitete auf Anregung des durch die Kriminalpolizei informierten Jugendamts im Januar 2018 sowohl ein einstweiliges Anordnungsverfahren als auch das vorliegende Hauptsacheverfahren ein. Im Verfahren der einstweiligen Anordnung entschied das Amtsgericht im Februar 2018, dass es keiner Eilmaßnahmen bedürfe. Auf die dagegen gerichteten Beschwerden der Verfahrensbeiständin und des Jugendamts änderte das Oberlandesgericht im April 2018 die Entscheidung des Amtsgerichts ab und erteilte den Eltern im Wege einstweiliger Anordnung die Weisung, die ihnen vom Jugendamt zu bewilligende Familienhilfe anzunehmen und die bislang praktizierte Betreuungsregelung fortzusetzen. Soweit das Oberlandesgericht in dieser Entscheidung davon abgesehen hatte, den Vater vorläufig aus der Wohnung zu verweisen, richtete sich dagegen eine von der Verfahrensbeiständin erhobene Verfassungsbeschwerde, die durch das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen worden ist (…).
Das Amtsgericht hat im November 2018 verschiedene, bis zum 10.9.2020 befristete familiengerichtliche Weisungen erteilt. Dabei hat es dem Vater ua aufgegeben, die Familienwohnung unverzüglich zu verlassen und diese der Mutter zur alleinigen Nutzung zu überlassen. Ferner hat es dem Vater untersagt, die Familienwohnung – oder eine andere von der Mutter mit den Kindern bewohnte Wohnung – zu betreten bzw. sich dort aufzuhalten, und ihm darüber hinaus verboten, in Abwesenheit der Mutter mit den Kindern Umgang zu haben. Gegen diese Entscheidung haben sich sowohl die Eltern als auch die Verfahrensbeiständin und das Jugendamt mit der Beschwerde gewendet. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerden der Eltern zurückgewiesen und den auf weitergehende Umgangsbeschränkungen für den Vater zielenden Beschwerden von Verfahrensbeiständin und Jugendamt teilweise entsprochen. Es hat die vom Amtsgericht angeordneten Maßnahmen bestätigt und diese um die Anordnung ergänzt, dass der (von der Mutter begleitete) Umgang des Vaters mit den Kindern nicht in der Wohnung des Vaters stattfinden dürfe. Ferner hat es die vom Amtsgericht ausgesprochene Befristung der Maßnahmen entfallen lassen.
Mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich der Vater gegen die Wegweisungsanordnung und die weiteren familiengerichtlichen Weisungen, die den Kontakt mit seinen Kindern einschränken.
Aus den Gründen:
„Die Rechtsbeschwerde führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
Das Beschwerdegericht, (…), hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Die Wegweisungsanordnung des Familiengerichts sei nicht zu beanstanden. Es bestünden konkrete tatsächliche Anhaltspunkte, aus denen sich die Gefahr einer sexuellen Grenzverletzung durch den Vater gegenüber seinen Töchtern ergebe. Der Vater sei bereits wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und zudem wegen Besitzes von Kinderpornografie verurteilt worden. Zwar sei nicht zu verkennen, dass der Vater seit mehreren Jahren nicht mehr auf die kinderpornografischen Dateien zugegriffen und der sexuelle Missbrauch von Kindern nicht durch körperlichen Kontakt, sondern durch Chatten im Internet stattgefunden habe. Dies vermöge die beim Vater bestehenden Risikofaktoren in Bezug auf seine Töchter aber nicht zu beseitigen. Nach den Feststellungen der Sachverständigen habe das Sexualverhalten des Vaters Suchtcharakter. Auch wenn seine sexuelle Präferenz bei erwachsenen Frauen liege, habe er jedenfalls in der Ausformung der Hebephilie auch eine Neigung zur Pädophilie. Die Sachverständige habe zwar keine Feststellungen dazu treffen können, dass es bereits zu einem sexuellen Übergriff gegen die Töchter gekommen sei. Sie habe aber auch nicht ausschließen können, dass sich eine Grenzverletzung auch in Bezug zu den Töchtern ereignen könne, zumal die Persönlichkeit des Vaters narzisstische Züge aufweise und er durch seine Taten gezeigt habe, dass er in sexueller Erregung dazu neige, die Grenzen seines Sexualverhaltens zu negieren. Es gebe keine verlässlichen Grundlagen für die Annahme, dass ein solcher Täter in Bezug auf die eigenen Kinder Grenzverletzungen unterlassen werde.
Der Schaden eines solchen Übergriffs für die Kinder wäre ganz erheblich. Zwar sei angesichts des Alters der Kinder derzeit nicht davon auszugehen, dass der Vater ihnen gegenüber körperlich sexuell übergriffig werden würde. Höchst schädliche Folgen für die Entwicklung der Kinder hätte es aber schon, wenn diese wahrnehmen würden, wie der Vater durch Posen und Handlungen von Kindern sexuell erregt werden und dieser Erregung durch Onanie Befriedigung verschaffen würde. Auch ohne körperliche Übergriffigkeit führe es zu dauerhaften Störungen bei Kindern, wenn diese einen Elternteil sexuell grenzverletzend erleben und dabei wahrnehmen müssten, wie Kinder zum Objekt sexueller Begierden von Erwachsenen gemacht würden. Dies stehe im Einklang mit der gesetzgeberischen Wertung in § 72 a SGB VIII, der im Bereich der Jugendhilfe ein umfassendes Tätigkeitsverbot für Personen normiere, die wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern oder wegen Besitzes von Kinderpornografie vorbestraft seien.
Die Gefährdung von Kindern sei besonders groß, wenn sie mit einer Person mit den Neigungen und der Persönlichkeitsstruktur des Vaters in einem Haushalt lebten. Beim Zusammenleben in einem Haushalt sei es nicht dauerhaft möglich, durch Aufsichtsmaßnahmen anderer Erwachsener zu gewährleisten, dass es zu keiner Grenzverletzung komme. Kinder seien im eigenen Haushalt besonders gefährdet, Warnhinweise auf grenzverletzendes Verhalten nicht zu erkennen und sich vertrauensvoll Situationen hinzugeben, die von Personen mit den Neigungen und der Persönlichkeitsstruktur des Vaters zur Befriedigung seiner sexuellen Triebe ausgenutzt werden könnten. Dieser Gefährdung könne nur dadurch begegnet werden, dass solchen Personen der Zutritt zum Zuhause der Kinder verwehrt werde. Es könne zwar nicht als überwiegend wahrscheinlich angenommen werden, dass der Vater in solcher Weise gegen seine Töchter übergriffig werden würde. Es bestehe jedoch beim Zusammenleben des Vaters in einem Haushalt mit den Kindern und selbst bei Besuchsaufenthalten des Vaters in der Wohnung der Kinder oder beim Aufenthalt der Kinder in der Wohnung des Vaters eine Wahrscheinlichkeit von 25 %, dass es zu einer entsprechenden Grenzverletzung komme. Ein solcher Grad der Wahrscheinlichkeit rechtfertige es, durch Weisungen nach § 1666 BGB sowohl die Wegweisung anzuordnen als auch den Aufenthalt des Vaters in der Wohnung der Kinder und den Aufenthalt der Kinder in der Wohnung des Vaters zu verbieten. Die Kinder könnten in der Wohnung der Mutter oder in der Wohnung des Vaters nicht dadurch geschützt werden, dass die Mutter oder andere Personen zugegen seien. Selbst wenn am Bemühen der Aufsichtspersonen keine Zweifel bestünden, könne nie ausgeschlossen werden, dass es zu einem unbeobachteten Zusammensein des Vaters mit den Kindern und damit zu einer Situation komme, die grenzverletzendes Verhalten begünstige. Insoweit lägen auch die Voraussetzungen für eine Umgangsbeschränkung nach § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB vor.
Es sei nicht zu verkennen, dass die mit den Anordnungen verbundenen Auswirkungen für die Kinder befremdlich seien und von diesen als nachteilig empfunden werden dürften. Die Kinder hätten den Vater als liebevollen und zugewandten Elternteil erlebt und insbesondere H habe dem Vater zum Vorwurf gemacht, nicht mehr in der Familienwohnung zu leben. Der hierin liegende Nachteil sei aber mit Blick auf die nicht anders abwendbare Gefährdung und die Wertigkeit des drohenden Schadens hinzunehmen. Die Wegweisungsanordnung sei durch die zwischenzeitliche Trennung der Eltern nicht entbehrlich geworden. Schon wegen der Rechtsposition des Vaters an der Ehewohnung sei es weiterhin geboten, eine Rechtsgrundlage dafür zu schaffen, dass dieser keine Besitz- oder Nutzungsansprüche an der Ehewohnung geltend machen könne.
Das Familiengericht habe schließlich auch zu Recht angeordnet, dass der Vater nur in Anwesenheit der Mutter mit seinen Kindern Umgang haben dürfe, weil es auch bei einem Umgang außerhalb der Wohnung der Kinder oder des Vaters zu einer Gefährdung der Kinder kommen könne. Es sei nicht angezeigt, dem Vater einen Umgang mit den Kindern (lediglich) in Anwesenheit der Großeltern väterlicherseits zu gestatten. Es müsse angesichts der eigenen Angaben des Vaters über die Reaktion seiner Eltern auf die staatsanwaltlichen Ermittlungen, die strafrechtliche Verurteilung und die familiengerichtlichen Maßnahmen davon ausgegangen werden, dass diese die Taten des Vaters bagatellisieren, eine Gefährdung der Kinder negieren und deshalb einen unbeobachteten Umgang des Vaters mit den Kindern nicht verhindern würden.
Die vom Familiengericht angeordnete Befristung der Anordnung sei nicht geboten gewesen. Zwar diene eine solche Frist grundsätzlich der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Nach den Feststellungen der Sachverständigen würden die in der Person des Vaters liegenden Risikofaktoren aber – wenn überhaupt – nur durch eine lang andauernde Therapie beseitigt werden können. Es sei höchst unwahrscheinlich, dass dies innerhalb der vom Familiengericht gesetzten Frist gelingen könne. Der Vater müsse seine Therapie nicht mit Blick auf eine gerichtliche Frist, sondern mit Blick auf einen Therapieerfolg fortsetzen oder ausweiten, um nach erfolgreicher Behandlung auf eine Änderung der gerichtlichen Anordnungen antragen zu können.
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Gem. § 1666 Abs. 1 BGB hat das Familiengericht die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes gefährdet ist und die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden. Bei der Auslegung und Anwendung dieser Norm ist der besondere Schutz zu beachten, unter dem die Familie nach Art. 6 Abs. 1 und 2 GG steht. Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG garantiert den Eltern das Recht auf Pflege und Erziehung. Die Erziehung des Kindes ist damit primär in ihre Verantwortung gelegt, wobei dieses „natürliche Recht“ den Eltern nicht vom Staat verliehen worden ist, sondern von diesem als vorgegebenes Recht anerkannt wird. Die Eltern können grundsätzlich frei von staatlichen Einflüssen und Eingriffen nach eigenen Vorstellungen darüber entscheiden, wie sie die Pflege und Erziehung ihrer Kinder gestalten und damit ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen. In der Beziehung zum Kind muss aber das Kindeswohl die oberste Richtschnur der elterlichen Pflege und Erziehung sein (…).
2. Es ist allerdings aus Rechtsgründen nichts dagegen zu erinnern, dass das Beschwerdegericht unter den hier obwaltenden Umständen auf der Tatbestandsebene eine Kindeswohlgefährdung bejaht und ein Eingreifen des Staats für zulässig erachtet hat.
a) Generell ist für Maßnahmen nach § 1666 BGB erforderlich, dass eine konkrete Gefährdung des Kindeswohls vorliegt, zu deren Abwendung die sorgeberechtigten Personen nicht gewillt oder in der Lage sind. Eine solche besteht bei einer gegenwärtigen, in einem solchen Maß vorhandenen Gefahr, dass bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dabei kann das erforderliche Maß der Gefahr nicht abstrakt generell festgelegt werden. Denn der Begriff der Kindeswohlgefährdung erfasst eine Vielzahl von möglichen, sehr unterschiedlichen Fallkonstellationen. Erforderlich ist daher seine Konkretisierung mittels Abwägung der Umstände des Einzelfalls durch den mit dem Fall befassten Tatrichter. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind dabei umso geringere Anforderungen zu stellen, je schwerer der drohende Schaden wiegt. Für die Frage, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, kann das Gewicht der zur Beseitigung dieser Gefährdung zu treffenden Maßnahme nach § 1666 BGB hingegen keine Bedeutung erlangen. Erst wenn eine Kindeswohlgefährdung feststeht, stellt sich die Frage nach der erforderlichen und geeigneten Maßnahme und nach deren Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (…).
Die Annahme einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit muss in jedem Fall auf konkreten Verdachtsmomenten beruhen. Eine nur abstrakte Gefährdung genügt nicht. Das Gericht hat in jedem Einzelfall darzulegen, welche konkreten Anhaltspunkte bei dem jeweils konkret betroffenen Kind den Eintritt welcher konkreten Schädigung befürchten lassen (…). Schließlich muss der konkret drohende Schaden für das Kind erheblich sein. Selbst bei hoher Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines nicht erheblichen Schadens sind Maßnahmen nach § 1666 BGB nicht gerechtfertigt. In solchen Fällen ist dem elterlichen Erziehungs- und Gefahrabwendungsprimat der Vorrang zu geben (…).
b) Gemessen daran ist die Einschätzung des Beschwerdegerichts, dass die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer erheblichen Schädigung der Kinder und damit auf der Tatbestandsebene eine den staatlichen Eingriff rechtfertigende Gefahrenlage iSv § 1666 Abs. 1 BGB vorliegt, entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.(…)
bb) Das Beschwerdegericht hat indessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auch darauf abgestellt, dass die Gefahr eines erheblichen Schadens für die betroffenen Kinder iSd § 1666 BGB nicht nur im Fall unmittelbarer körperlicher Übergriffigkeit, sondern bereits dann droht, wenn diese den erwachsenen Elternteil beim Konsum kinderpornografischer Medieninhalte oder bei der sexuellen Belästigung von Minderjährigen über das Internet wahrnehmen können. Dagegen lassen sich grundsätzlich keine rechtlichen Bedenken erheben, denn es besteht die Gefahr, dass die betroffenen Kinder solche Verhaltensweisen als normal empfinden, sexuelle Grenzverletzungen nicht als solche wahrnehmen und damit jedenfalls zukünftig leichter Opfer von Straftaten gegen ihre sexuelle Selbstbestimmung werden (…). Das Vorliegen einer solchen Gefahrenlage hat das Beschwerdegericht im konkreten Fall rechtsbedenkenfrei daraus hergeleitet, dass beim Vater nach den Feststellungen der Sachverständigen von einer Übererregbarkeit und von einem erheblich übersteigerten Sexual- bzw. Onanieverhalten auszugehen ist, das besonders exzessiv über den Gebrauch elektronischer Medien ausgelebt wird und das bei hoher sexueller Erregung – und ggf. im Zusammenhang mit Alkoholeinfluss – ein grenzverletzendes Verhalten gegenüber Kindern begünstigen kann, mit dem die eigenen Kinder bei einem Zusammensein mit dem Vater konfrontiert werden könnten.
cc) Die Annahme des Beschwerdegerichts, dass im Hinblick auf den schwerwiegenden Schaden, der den Kindern bei dem beschriebenen sexuell grenzverletzenden Verhalten des Vaters drohen würde, eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine erhebliche Schädigung bestehe, hält sich vor diesem Hintergrund in der Gesamtschau im Rahmen einer zulässigen tatrichterlichen Beurteilung.
3. Mit Recht beanstandet die Rechtsbeschwerde demgegenüber die vom Beschwerdegericht zur Abwehr der festgestellten Kindeswohlgefährdung getroffenen Maßnahmen.
a) Dabei unterliegt es allerdings keinem Zweifel, dass die vom Beschwerdegericht angeordneten Maßnahmen nach § 1666 BGB grundsätzlich zulässig sind.
aa) Der Maßnahmenkatalog in § 1666 Abs. 3 Nr. 1–4 BGB stellt exemplarisch klar, welche gerichtlichen Anordnungen auch unterhalb der Schwelle der Sorgerechtsentziehung möglich sind. Die Aufzählung ist dabei nicht abschließend, sodass auch andere zur Abwendung der Gefahr geeignete Weisungen in Betracht kommen. Soweit diese Maßnahmen einen erheblichen Eingriff in Grundrechte der Betroffenen bedeuten, ist hierfür jedoch eine gesetzliche Grundlage erforderlich, sodass es sich um die in § 1666 Abs. 3 BGB ausdrücklich benannten oder um diesen vergleichbare Maßnahmen handeln muss (…).
bb) Die vom Beschwerdegericht ausgesprochene Ausweisung des Vaters („Go-Order“) wird durch § 1666 Abs. 3 Nr. 3 BGB gedeckt, wonach das Gericht dem gefährdenden Elternteil ua verbieten kann, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung zu nutzen. Auch die an den Vater gerichteten Verbote, die vormalige Familienwohnung zu betreten oder sich dort aufzuhalten, mit den Kindern in Abwesenheit der Mutter zu verkehren und den Umgang mit den Kindern in der Wohnung des Vaters auszuüben, finden eine Grundlage im Gesetz. Neben der Wohnungsausweisung ermöglicht § 1666 Abs. 3 Nr. 3 BGB dem Gericht, flankierende Maßnahmen zu treffen und es dem gefährdenden Elternteil ua zu verbieten, sich in einem bestimmten Umkreis der vormaligen Familienwohnung aufzuhalten oder bestimmte Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält; § 1666 Abs. 3 Nr. 4 BGB ermächtigt das Gericht darüber hinaus, dem aus der Wohnung gewiesenen Elternteil zu untersagen, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen. Der rechtlichen Zulässigkeit der neben der Wohnungsausweisung angeordneten Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung steht es nicht entgegen, dass mit ihnen Einschränkungen des Umgangsrechts einhergehen, die das Gericht auch in einem umgangsrechtlichen Verfahren nach § 1684 Abs. 4 BGB anordnen könnte. Jedenfalls in Bezug auf die Gefährdung des Kindes durch einen (mit-)sorgeberechtigten Elternteil besteht kein rechtliches Ausschließlichkeitsverhältnis zwischen § 1666 BGB einerseits und § 1684 Abs. 4 BGB andererseits (…).
b) Allerdings muss jeder Eingriff in das Elternrecht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Dieser gebietet, dass Art und Ausmaß des staatlichen Eingriffs sich nach dem Grund des Versagens der Eltern und danach bestimmen müssen, was im Interesse des Kindes geboten ist.
aa) Die anzuordnende Maßnahme muss zur Abwehr der Kindeswohlgefährdung geeignet, erforderlich und auch im engeren Sinne verhältnismäßig (angemessen) sein. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist gegeben, wenn der staatliche Eingriff unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zumutbar ist. Hierbei ist insbesondere auch das Verhältnis zwischen der Schwere des Eingriffs und seiner Folgen, dem Gewicht des dem Kind drohenden Schadens und dem Grad der Gefahr zu berücksichtigen. Dabei kann die – auch teilweise – Entziehung der elterlichen Sorge als besonders schwerer Eingriff nur bei einer nachhaltigen Gefährdung des Kindes mit einer höheren, im Einzelfall durch Abwägung aller Umstände zu bestimmenden „ziemlichen Sicherheit“ eines Schadenseintritts verhältnismäßig sein. Die Anordnung weniger einschneidender Maßnahmen kann demgegenüber nach dem Grundsatz der umgekehrten Proportionalität von Schadensschwere und Eintrittswahrscheinlichkeit bereits im Fall einer nicht überwiegend wahrscheinlichen Gefahr gerechtfertigt sein, soweit es um die Abwehr einer massiven Rechtsgutbeeinträchtigung geht (…).
Zu den weniger einschneidenden und unterhalb der Schwelle des Sorgerechtsentzugs liegenden Maßnahmen gehören die gerichtlichen Interventionsmöglichkeiten, die exemplarisch im Maßnahmenkatalog des § 1666 Abs. 3 Nr. 1–4 BGB genannt sind (…). Dies gilt auch für die auf § 1666 Abs. 3 Nr. 3 und 4 BGB gestützten kontaktbegrenzenden Maßnahmen, die den persönlichen Umgang des gefährdenden Elternteils mit dem Kind einschränken. Auch diese Weisungen sind gegenüber einem personensorgeberechtigten Elternteil als milderes Mittel gegenüber der Entziehung des Umgangsbestimmungsrechts als Teil der Personensorge anzusehen (…), selbst wenn weitgehende umgangsbeschränkende Eingriffe – wie namentlich die Anordnung begleiteten Umgangs – in ihrer belastenden Wirkung einer Entziehung des Umgangsbestimmungsrechts durchaus nahekommen (…).
Unabhängig davon müssen sich die auf § 1666 Abs. 3 Nr. 3 und 4 BGB gestützten Schutzanordnungen, die das Umgangsrecht des gefährdenden Elternteils einschränken, jedenfalls an den Voraussetzungen des § 1684 Abs. 4 BGB messen lassen (…). Nach den vom BVerfG zu § 1684 Abs. 4 BGB entwickelten Maßstäben stellt insbesondere die Anordnung nur begleiteten Umgangskontakts einen erheblichen Eingriff sowohl in das durch Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG garantierte Elternrecht als auch in das Recht des Kindes auf Umgang mit dem nicht betreuenden Elternteil dar. Denn der Umgang zwischen dem nicht betreuenden Elternteil und dem Kind kann seinen Zweck grundsätzlich nur bei einem unbeaufsichtigten und der Beobachtung durch Dritte nicht ausgesetzten persönlichen Kontakt erreichen. Wird die Einschränkung oder der Ausschluss des Umgangsrechts allein auf pädophile Neigungen des umgangsberechtigten Elternteils gestützt, so setzt dies konkrete Feststellungen zu den pädophilen Neigungen des umgangsberechtigten Elternteils sowie eine daraus resultierende konkrete Gefährdung für das Kind voraus. Dabei kann gerade die längerfristige Anordnung begleiteten Umgangs (§ 1684 Abs. 4 S. 2 BGB) nicht darauf gestützt werden, dass pädophile Neigungen des umgangsberechtigten Elternteils nach dem Ergebnis der Ermittlungen lediglich möglich erscheinen und damit ein „Restrisiko“ für das Kind verbleibt. Dies stellt nicht nur das Elternrecht des Umgangsberechtigten unverhältnismäßig hintan, sondern greift auch intensiv in das Recht des Kindes ein, mit seinem umgangsberechtigten Elternteil grundsätzlich ohne Beobachtung durch Dritte Umgang zu haben (…).
bb) Nach diesen Maßgaben ergeben sich auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen durchgreifende Bedenken an der Verhältnismäßigkeit der vom Beschwerdegericht erteilten Weisungen.
(1) Die Rechtsbeschwerde beanstandet zu Recht, dass sich die auf § 1666 Abs. 3 Nr. 3 BGB gestützte Wohnungsausweisung bereits als nicht (mehr) erforderlich darstellt. Das Beschwerdegericht hat festgestellt, dass sich die Eltern getrennt haben und der Vater im Lauf des Verfahrens die vormalige Familienwohnung freiwillig verlassen und eine eigene Wohnung bezogen hat. Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Trennung lassen sich der Beschwerdeentscheidung ebenso wenig entnehmen wie Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Mutter einem etwaigen Ansinnen des Vaters, erneut gemeinsam mit ihr und den beiden Kindern in der vormaligen Familienwohnung zusammenleben zu wollen, nicht entgegentreten könnte oder würde.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts kann die Anordnung der Wohnungsausweisung bei dieser Sachlage auch nicht damit begründet werden, dass die Wegweisungsverfügung eine Rechtsgrundlage dafür schaffe, den gefährdenden Elternteil mit der Geltendmachung von Nutzungsansprüchen an der vormaligen Ehewohnung auszuschließen. Mit dem freiwilligen Auszug des Vaters aus der vormals gemeinsam mit den Kindern bewohnten Wohnung besteht die Gefahr einer erheblichen Schädigung der Kinder durch das räumliche Zusammenleben mit dem Vater nicht mehr. Im Übrigen ist es – auch mit Blick auf das elterliche Gefahrenabwehrprimat – Sache der Mutter, darüber zu entscheiden, ob sie den Kindern die vertraute Umgebung erhalten und deshalb möglichen Nutzungsansprüchen des Vaters an der vormaligen Familienwohnung rechtlich entgegentreten oder ob sie eine neue Wohnung für sich und die Kinder suchen will.
(2) Das Beschwerdegericht hat es als erforderlich angesehen, den Umgang des Vaters mit den Kindern ausschließlich in Gegenwart der Mutter zu gestatten. Soweit es dabei eine Umgangsbegleitung durch andere Personen als milderes Mittel (…) ausgeschlossen hat, weil es namentlich die Großeltern väterlicherseits als ungeeignet für die Begleitung des Umgangs angesehen hat, beanstandet die Rechtsbeschwerde zu Recht, dass es für diese Beurteilung an tragfähigen Feststellungen fehlt.
Die Sachverständige hat in ihrem Gutachten die Empfehlung geäußert, dass der Vater die beiden Kinder in Begleitung der Mutter oder „einer der Großmütter“ so häufig wie möglich sehen solle. Das Amtsgericht hat eine Begleitung des Umgangs durch die Mutter des Vaters mit der Begründung abgelehnt, dass die Sachverständige diese nicht exploriert habe, ohne aus diesem Umstand Folgerungen für den Umfang der gerichtlichen Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts zu ziehen oder eine eigene Sachkunde darzulegen, auf die sich seine Beurteilung stützen könnte, dass die Großmutter zur Begleitung des Umgangs nicht geeignet sei. Das Beschwerdegericht hat die fehlende Eignung der Großeltern väterlicherseits allein aus – nicht näher konkretisierten – Angaben des Vaters über die Reaktion seiner Eltern auf die strafrechtlichen und familienrechtlichen Folgen seiner Straftaten hergeleitet, nach denen davon ausgegangen werden müsse, dass die Großeltern väterlicherseits die Taten des Vaters bagatellisieren, eine Gefährdung der Kinder negieren und einen unbeobachteten Umgang des Vaters mit den Kindern zulassen werden. Dagegen erhebt die Rechtsbeschwerde mit Recht die Rüge einer unzureichenden Aufklärung des Sachverhalts (§ 26 FamFG).
Art und Umfang der gebotenen Ermittlungen richten sich nach der Lage des jeweiligen Einzelfalls. Dabei gelten in kindschaftsrechtlichen Familiensachen besondere Anforderungen an die tatrichterliche Sachaufklärung. Denn die verfassungsrechtliche Dimension beeinflusst auch das Verfahrensrecht und seine Handhabung im Kindschaftsverfahren. Das gerichtliche Verfahren muss in seiner Ausgestaltung dem Gebot effektiven Grundrechtsschutzes entsprechen, weshalb insbesondere die zur Verfügung stehenden Aufklärungs- und Prüfungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden müssen. Das bedeutet nicht nur, dass die Verfahrensgestaltung den Elternrechten Rechnung tragen muss; die Gerichte müssen ihr Verfahren so gestalten, dass sie möglichst zuverlässig die Grundlage einer am Kindeswohl orientierten Entscheidung erkennen können (…).
Auch die vom Beschwerdegericht erteilten Weisungen, nach denen sowohl die Ausübung des Umgangs in der Wohnung des Vaters als auch der Aufenthalt des Vaters in der ehemaligen Familienwohnung untersagt ist, sind im Hinblick auf ihre Angemessenheit nicht frei von rechtlichen Bedenken.
Ausgangspunkt für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist dabei der Befund, dass die Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht den sicheren Schluss darauf zulassen, die Sexualpräferenz des Vaters könne (auch) auf eine gelebte Sexualität mit vorpubertären Kindern im Alter der beiden betroffenen Kinder gerichtet sein. Zwar trägt der festgestellte Sachverhalt die Beurteilung, dass beim Vater eine hebephile Nebenströmung im Sinne der sexuellen Ansprechbarkeit durch das (früh-)pubertäre Körperschema von Mädchen ab dem Alter von etwa zehn oder elf Jahren vorliegt. Es mag auch nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden können, dass die krankhafte Sexsucht des Vaters dazu führen könnte, unter erhöhtem sexuellen Druck selbst diese Altersgrenze noch zu unterschreiten und gleichzeitig die Inzestschranke zu überwinden. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder unter solchen Umständen Opfer eines Hands-On-Delikts werden könnten, kann aber auch bei Einräumung eines großzügigen tatrichterlichen Beurteilungsspielraums nicht mit dem vom Beschwerdegericht angenommenen Wahrscheinlichkeitsgrad von 25 % angesetzt werden. Ein solcher Wahrscheinlichkeitsgrad bezieht offensichtlich auch die vom Beschwerdegericht aufgezeigte Möglichkeit ein, dass die Kinder den Vater dabei wahrnehmen könnten, wie er in sexuell grenzverletzender Weise vor allem im Zusammenhang mit dem Gebrauch elektronischer Medien durch den Konsum von kinderpornografischem Material oder durch die Interaktion mit Kindern sexuell erregt wird und er dieser Erregung durch Onanieren Befriedigung verschafft. Auch wenn bei einem solchen Sachverhalt unbestreitbar eine schwere Schädigung der Kinder eintreten könnte, hätte diese – was im Rahmen der Angemessenheitsprüfung zu berücksichtigen ist – doch eine andere Qualität als die massive Verletzung, welche die Kinder als Opfer eines Hands-On-Delikts erleiden würden.
Dem wird die Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht gerecht.
Das Beschwerdegericht hat seine Anordnung, einen Umgang des Vaters mit den Kindern sowohl in der von der Mutter bewohnten ehemaligen Familienwohnung als auch in der Wohnung des Vaters zu untersagen, auf die Erwägung gestützt, dass die Kinder in diesen Wohnungen selbst dann nicht geschützt werden könnten, wenn geeignete Begleitpersonen zugegen seien. In der Wohnung sei schon aus objektiven Gründen nie auszuschließen, dass es zu einem unbeobachteten Zusammensein des Vaters mit den Kindern kommen könne.
Unabhängig davon, dass sich die gleiche Problematik auch in anderen, bspw. von Familienangehörigen oder Dritten zur Verfügung gestellten Wohnungen stellen würde, in denen ein begleiteter Umgang stattfinden dürfte, lässt sich die vom Beschwerdegericht offensichtlich gesehene Notwendigkeit einer besonders engmaschigen und praktisch minutengenauen Überwachung des Kontakts zwischen dem Vater und den Kindern mit der für die Angemessenheitsprüfung zugrunde zu legenden Gefährdungssituation nicht begründen. Es ist nicht erkennbar, warum nicht bereits die generelle Anwesenheit einer geeigneten Begleitperson in der Wohnung während des Umgangs mit den Kindern ausreichen könnte, um den Vater in dieser Zeit insbesondere von Cyber-Sex-Aktivitäten abzuhalten und das gerade damit im Zusammenhang stehende Risiko sexueller Grenzverletzungen weitestgehend zu minimieren.(…)“
Zusammenfassung:
- Eine Kindeswohlgefährdung iSd § 1666 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn eine gegenwärtige, in einem solchen Maß vorhandene Gefahr festgestellt wird, dass bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist; an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind dabei umso geringere Anforderungen zu stellen, je schwerer der drohende Schaden wiegt.
- Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer gerichtlichen Maßnahme nach § 1666 BGB ist auch das Verhältnis zwischen der Schwere des Eingriffs in die elterliche Sorge und dem Grad der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts für das Kind zu beachten. Während die vollständige oder teilweise Entziehung der elterlichen Sorge nur bei einer erhöhten Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, nämlich bei ziemlicher Sicherheit, verhältnismäßig ist, können weniger einschneidende Eingriffe, zu denen die im Katalog des § 1666 Abs. 3 Nr. 1–4 BGB exemplarisch aufgeführten Maßnahmen zählen, bereits im Fall einer nicht überwiegend wahrscheinlichen Gefahr angemessen sein, soweit es um die Abwehr einer massiven Rechtsgutbeeinträchtigung geht.
- Wird durch eine auf § 1666 Abs. 3 Nr. 3 und 4 BGB gestützte Schutzanordnung der persönliche Umgang des Elternteils mit dem Kind eingeschränkt oder ausgeschlossen, muss sich diese Anordnung auch an den Voraussetzungen des § 1684 Abs. 4 BGB messen lassen.