Keine Gewährleistung bei Schwarzarbeit
OLG Schleswig, Beschluss vom 7.1.2019 – 7 U 103/18
Aus dem Sachverhalt:
Die Kl. nehmen den beklagten Unternehmer wegen Mängel seiner Bauwerkleistung auf Kostenvorschuss in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung wurde nach dem vorliegenden Hinweis, der Gegenstand dieser Entscheidungsdarstellung ist, zurückgenommen.
Aus den Gründen:
Unter den Voraussetzungen von § 637 BGB kann ein Bauherr vom Bauunternehmer einen Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung verlangen. Wichtigste Bedingung hierfür ist das Vorliegen eines wirksamen Werkvertrages. An der Wirksamkeit fehlt es, wenn der Vertrag darauf angelegt ist, dass Steuern hinterzogen werden, sog. Schwarzarbeit. Eine solche Abrede ist insbesondere bereits bei der Vereinbarung eines Vorschusses, bezüglich dessen keine Umsatzsteuer ausgewiesen wurde, zu vermuten:
„Dem Kl. steht kein Anspruch auf Vorschussanspruch aus §§ 634 Nr. 2, 637 BGB zu. Denn der von den Parteien geschlossene Werkvertrag ist gem. § 134 BGB iVm § 1 II Nr. 2 SchwarzArbG nichtig.
§1 II Nr. 2 SchwarzArbG enthält das Verbot zum Abschluss eines Werkvertrags, wenn die steuerpflichtige Vertragspartei ihre aufgrund der Werkleistungen ergebenen steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. Das Verbot führt jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrags, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt. Die Nichtigkeit des Werkvertrags führt dazu, dass Mängelansprüche des Bestellers grundsätzlich ausscheiden (….).
Diese Voraussetzungen liegen vor. Das LG hat die Behauptung des Bekl. als erwiesen angesehen, dass die Parteien im vorliegenden Fall eine Abrede getroffen haben, nach der der Bekl. einen Teil des Werklohns erhalten sollte, ohne die hieraus erwachsenden steuerlichen Verpflichtungen zu erfüllen.
Das ist nicht zu beanstanden. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) berechtigt das Gericht, die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse nach seiner individuellen Einschätzung zu bewerten, wobei der Richter lediglich an die Denk- und Naturgesetze sowie sonstigen Erfahrungssätze gebunden ist (…). Dabei hat das Gericht seine Erkenntnisquellen im Rahmen der Beweiswürdigung nicht auf die Durchführung einer Beweisaufnahme zu beschränken, sondern den gesamten Inhalt der Verhandlung zu berücksichtigen, also auch den Sachvortrag der Parteien und die Würdigung von Parteibehauptungen (…).
Ein Verstoß gegen diese Grundsätze ist nicht erkennbar. Aufgrund der vorliegenden Umstände hat das LG zu Recht einen Verstoß gegen § 1 II Nr. 2 SchwarzArbG angenommen.“
Bei Barzahlungen ist Vorsicht geboten:
„Die unstreitige Barzahlung des Kl. zu 2 an den Bekl. über 3860 Euro zu Beginn der Arbeiten ist zur Überzeugung des Senats nur so zu erklären, dass der Bekl. diesen Teil der Zahlung mit Billigung der Kl. nicht versteuern wollte.
Die Angabe der Kl., hierbei habe es sich nach ihrem Verständnis um einen „Vorschuss“ gehandelt, ist ersichtlich eine Schutzbehauptung. Zum einen ist nicht plausibel, warum eine Zahlung dieser Größenordnung nicht mittels Überweisung erfolgt ist. Auch wenn Barzahlungen in dieser Höhe grundsätzlich rechtlich unproblematisch zulässig sind, haftet ihnen gleichwohl ein Risiko an, etwa des Verlustes auf dem Transportweg, das im Rechtsverkehr zumeist bei Beträgen dieser Größenordnung vermieden wird. Einen einleuchtenden Grund dafür, warum der Kl. zu 2, der nach seiner Darstellung das Geld „von der Bank“ geholt habe, nicht den Bankbesuch zur Überweisung des Betrags an den Bekl. nutzte, hat er nicht mitgeteilt.“
Auch die Erstellung einer Quittung steht der Annahme einer Schwarzlohnabrede nicht entgegen, wenn keine Umsatzsteuer auf ihr ausgewiesen ist:
„Die Unredlichkeit der Kl. im Hinblick auf die Barzahlung wird spätestens mit ihrer Nichtreaktion auf die Abrechnung vom 9.6.2015 deutlich, weil dort zum einen nicht (wie bei Schlussrechnungen nach Vorschuss üblich) die Vorschusszahlung in Abzug gebracht wurde. Zum anderen geht aus der Rechnung hervor, dass der Umsatzsteuerbetrag nur auf eine Nettoauftragssumme von 6027,14 Euro bezogen war. Die Kl. haben aber eingeräumt, dass der Rechnungsbetrag nur unter Berücksichtigung der Barzahlung plausibel war. Da die Quittung einen Mehrwertsteueranteil nicht aufwies, lag die Absicht der Verkürzung der Umsatzsteuer auf der Hand. Ein redlicher Besteller hätte im Wissen um die Barzahlung bei Kenntnisnahme der Rechnung remonstriert und um Aufnahme der Vorschusszahlung und Ausweisung des Umsatzstzeueranteils gebeten. Dies taten die Kl. allerdings nicht.
Es ist nicht zu beanstanden, dass das LG die vorgelegte Quittung über die Barzahlung nicht als entscheidendes Indiz bei der Beurteilung des Vorliegens einer Schwarzgeldabrede angesehen hat. Denn die Quittung enthält einen Mehrwertsteuerausweis gerade nicht und ebenso wenig einen Betreff. Sie ist
mithin für die Dokumentation gegenüber Behörden und Finanzämtern offensichtlich ungeeignet. Der einzig plausible Zweck kann darin bestehen, dass damit im Verhältnis zwischen den Parteien im Streitfall eine Zahlung dokumentiert werden kann. Dazu passt auch die Erklärung des Kl. zu 2, er habe einen „Nachweis“ haben wollen. Dies beseitigt aber keineswegs den Zweck einer Schwarzgeldzahlung.“
Ob der Unternehmer den Betrag nachträglich verbucht hat und im Nachhinein seiner Steuerpflicht nachgekommen ist, ist irrelevant:
Ob der Bekl. die Barzahlung inzwischen ordnungsgemäß verbucht hat und seiner Steuerpflicht nachgekommen ist, ist unbeachtlich. Auch für Abschläge gilt die Rechnungslegungs- und Vorauszahlungspflicht des Unternehmers. Denn steuerliche Pflicht iSv § 1 II Nr. 2 SchwarzArbG ist auch die Vorauszahlungspflicht bei der Umsatzsteuer nach § 18 UStG (…).
Da der Bekl. für den Vorschuss keine Rechnung ausgestellt hat, ist er jedenfalls seiner Zahlungspflicht innerhalb des Voranmeldungszeitraums nicht nachgekommen.
Der beiderseitige Verstoß gegen § 1 II Nr. 2 SchwarzArbG führt zur Nichtigkeit des gesamten Vertrags gem. § 134 BGB (vgl. Röttger, Zur Beurteilung von Bauverträgen bei Verdacht eines Verstoßes gegen das SchwarzArbG; SchlHA 2017, 127 und SchlHA 2017, 128). Dass sich die Schwarzgeldabrede nur auf einen Teil des Rechtsgeschäfts bezog, ist ohne Bedeutung. Nach § 139 BGB ist ein teilweise nichtiges Rechtsgeschäft im Zweifel insgesamt nichtig, es sei denn, es wäre auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden. Dies kommt bei Werkverträgen nur dann infrage, wenn den unter Verstoß gegen § 1 II Nr. 2 SchwarzArbG erbrachten Arbeiten konkrete Einzelleistungen zugeordnet werden (vgl. BGHZ 201, 1 = NJW 2014, 1805). Eine solche Abgrenzung haben die Parteien aber nicht vorgenommen. (…)“
Zusammenfassung:
- Der beiderseitige Verstoß gegen § 1 II Nr. 2 SchwarzArbG führt zur Nichtigkeit des Werkvertrags. Das gilt auch, wenn sich die Schwarzgeldabrede nur auf einen Teil des Rechtsgeschäfts bezog und diesem Teil nicht konkrete Einzelleistungen zugeordnet werden können.
- Auch für Vorschüsse/Abschläge gilt die Rechnungslegungs- und Umsatzsteuervorauszahlungspflicht des Unternehmers. Steuerliche Pflicht im Sinne von § 1 II Nr. 2 SchwarzArbG ist auch die Vorauszahlungspflicht bei der Umsatzsteuer nach § 18 UStG.
- Die Erstellung einer Quittung steht der Annahme einer Schwarzlohnabrede nicht entgegen, wenn keine Umsatzsteuer auf ihr ausgewiesen ist.