Kein besonders schwerer Fall des Subventionsbetrugs bei einmaliger Beantragung einer Corona-Soforthilfe
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 07. Februar 2022 – 12 Ns 507 Js 2066/20 –
Aus dem Sachverhalt:
Am 7. April 2020 um 8:06 Uhr beantragte der Angeklagte online bei der Regierung von Mittelfranken die Gewährung einer Überbrückungshilfe des Bundes für die von der Corona-Virus-Pandemie geschädigten Unternehmen und Soloselbständigen („Corona-Soforthilfe insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbständige“).
Die Online-Eingabemaske enthielt unter anderem folgenden, vom Angeklagten wahrgenommenen und verstandenen Hinweis: „Mir ist bekannt, dass es sich bei den Angaben zu Ziffer 1., 4., 5. und 6. um subventionserhebliche Tatsachen im Sinne des § 264 des Strafgesetzbuchs i.V.m. § 2 des Subventionsgesetzes vom 29. Juli 1976 … ggf. i.V.m. landesgesetzlichen Rechtsregelungen [erg.: handelt]. Mir ist bekannt, dass vorsätzlich oder leichtfertig falsche oder unvollständige Angaben … die Strafverfolgung wegen Subventionsbetrug (264 StGB) zur Folge haben können.“
In einem weiter unten stehenden Feld mit folgendem Begleittext „Ich bestätige, dass ich die oben genannten Bedingungen gelesen und akzeptiert habe“ gab der Angeklagte sodann ein „Ja“ ein.
Im Eingabefeld unter der Ziffer 1 hatte der Angeklagte zuvor bei der Rechtsform seines Unternehmens „e.K.“ eingetragen, also „eingetragener Kaufmann“. Im Eingabefeld unter Ziffer 4, in dem nach der Zahl der Beschäftigten gefragt wurde, hatte er in der Zeile „Beschäftigte in Vollzeit (ab 30 Stunden pro Woche)“ die Zahl „5“ eingegeben. Beide Angaben entsprachen, wie der Angeklagte wusste, nicht der Wahrheit. Er war vielmehr als Einzelgewerbetreibender ohne jeden Eintrag im Handelsregister tätig, auch beschäftigte er niemanden, erst recht nicht in Vollzeit.
Aus den Gründen:
„(…) Damit hat sich der Angeklagte wegen Subventionsbetrugs nach § 264 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 9 StGB strafbar gemacht. Bei den Corona-Soforthilfen handelt es sich um Subventionen i.S.d. § 264 Abs. 8 StGB (…). Die subventionserheblichen Tatsachen waren durch den ziffernmäßigen Verweis auf bestimmte Punkte der Online-Eingabemaske dort als solche bezeichnet und damit für den Angeklagten klar erkennbar, was ausreichend ist (…). Die falschen Angaben – jedenfalls diejenige zur Zahl der Beschäftigten – waren für den Angeklagten vorteilhaft (§ 264 Abs. 1 Nr. 1 a.E. StGB; …), weil sie sein Unternehmen als größer und damit als in größerem Umfang beihilfeberechtigt erscheinen ließen als es tatsächlich war. In Nr. 4 des Bewilligungsbescheides heißt es insoweit: „Aufgrund der im Antrag gemachten Angaben zur Mitarbeiterzahl (5) … wird die Höhe der Soforthilfe Corona auf 9.000 € festgesetzt“. Die Bezeichnung der Angaben als subventionserheblich erfolgte schließlich aufgrund eines Gesetzes durch den Subventionsgeber (§ 264 Abs. 9 Nr. 1 Alt. 2 StGB).
1. Den Strafrahmen hat die Kammer § 264 Abs. 1 StGB entnommen. Die Annahme eines besonders schweren Falles gemäß Abs. 2 der Vorschrift sah die Kammer nach Abwägung aller Umstände als nicht gerechtfertigt an. Sofern das Landgericht Stade einen besonders schweren Fall unter anderem dadurch begründet sah, dass der dortige Angeklagte ein unbürokratisches staatliches Angebot zur Rettung kleiner Wirtschaftsteilnehmer in einer in der Nachkriegszeit beispiellosen nationalen Notlage durch die Pandemie ausgenutzt hat (…), so teilt die Kammer zwar die damit verbundene verschärfte Missbilligung. Allerdings muss man andererseits sehen, dass der Subventionsgeber es potenziellen Betrügern mangels wirksamer Kontrolle bei der Subventionsbewilligung leicht gemacht hat. Das Geld lag, um es bildhaft zu sagen, auf der Straße, und der Angeklagte hat sich danach gebückt. Die aufzuwendende kriminelle Energie war bei seinem einmaligen Antrag eher gering anzusetzen (…)“.
Zusammenfassung:
Die einmalige Beantragung und Bewilligung einer Corona-Soforthilfe begründet grundsätzlich keinen unbenannten besonders schweren Fall des Subventionsbetrugs.