Schwerere Strafe für Polizeibeamte?
BGH, Beschluss vom 20.06.2017 – 4 StR 575/16
Dem Angeklagten wurde zur Last gelegt, während seiner Probezeit als Polizeibeamter außerhalb des Dienstes aus privaten Gründen einen schweren Raub begangen zu haben.
Das Landgericht verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten und hat hierbei in den Urteilsgründen im Rahmen der Strafzumessung ausgeführt, dass zulasten des Angeklagten zu berücksichtigen gewesen sei, dass er zum Tatzeitpunkt im Polizeidienst tätig war und durch die Tat dem Ruf der Polizei geschadet habe. Das öffentlich wahrgenommene Berufsbild der Polizei beruhe zu einem wesentlichen Teil darauf, dass sich Polizeibeamte gesetzestreu verhalten. Weitere Ausführungen hierzu enthielten die Urteilsgründe nicht.
Auf die Revision des Angeklagten hat der Bundesgerichtshof das Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
Bereits die Begründung zur Rechtsfolgenseite enthielt einen Darstellungsfehler, weil das Gericht nicht dargelegt hat, welche konkreten Auswirkungen die Tat auf die Vorstellung der Allgemeinheit hatte.
Strafzumessungserhebliche Tatsachen sind in der gleichen Weise bestimmt festzustellen und zu belegen wie die Tatsachen, die für die Schuldfrage von Bedeutung sind. Daran fehlt es vorliegend nach Auffassung des Bundesgerichtshofs, da die Strafkammer zwar darauf abgestellt habe, dass das öffentlich wahrgenommene Berufsbild der Polizei zu einem wesentlichen Teil darauf beruhe, dass sich der Polizeibeamte gesetzestreu verhalte, allerdings nicht mitgeteilt habe, dass tatsächlich eine Rufschädigung eingetreten sei. Angesichts der Tatsache, dass der Angeklagte die verfahrensgegenständliche Tat außerhalb des Dienstes aus privaten Gründen begangen habe und ohnehin später aus dem Polizeidienst entlassen worden sei, wäre das Landgericht gehalten gewesen, hierzu nähere Ausführungen zu treffen.
Die verschuldeten Auswirkungen der Tat sind zu berücksichtigen
Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof auch eine Verletzung von § 46 Abs. 2 StGB, wonach bei der Strafzumessung die verschuldeten Auswirkungen der Tat zu berücksichtigen sind, angenommen.
Zwar könnten als strafzumessungserheblich grundsätzlich auch solche für den Täter voraussehbaren Tatfolgen Berücksichtigung finden, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem strafbaren Verhalten stehen. Da aber die Schwere der Tat und der Grad der persönlichen Schuld des Täters die Grundlage der Strafzumessung bildeten, müsse in diesen Fällen als weitere Voraussetzung hinzutreten, dass die Auswirkungen geeignet sind, das Tatbild zu prägen und die Bewertung der Schuldschwere zu beeinflussen.
Eine derartige Prägung der Tat durch die Zugehörigkeit des Angeklagten zur Polizei sei nicht dargetan. Die dem Angeklagten zugeschriebenen negativen Folgen für den Ruf der Polizei berührten weder das Gewicht seiner Tat in ihrer Bedeutung für die verletzte Rechtsordnung, noch ließen sie Rückschlüsse auf den Grad der persönlichen Schuld zu.
Schließlich ließen auch die Ausführungen der Strafkammer besorgen, dass jene den Umstand, dass der Angeklagte zur Tatzeit Polizeibeamter war, straferschwerend berücksichtigt habe. Dies sei ebenfalls nicht zulässig, da unter dem Gesichtspunkt des Maßes der Pflichtwidrigkeit die berufliche Stellung eines Angeklagten nur dann straferschwerend herangezogen werden könne, wenn sich aus ihr besondere Pflichten ergeben, deren Verletzung gerade im Hinblick auf die abzuurteilende Tat Bedeutung hat. Hiervon sei allerdings vorliegend ersichtlich nicht auszugehen.
Da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass das Landgericht ohne die fehlerhaften Erwägungen auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte, war das Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben.
Zusammenfassung:
- Das Ansehen der Polizei wird nicht allein dadurch beeinträchtigt, dass der Täter Polizeibeamter ist und die Tat in seiner Freizeit beging.
- Negative Folgen für den Ruf der Polizei berühren weder das Gewicht einer solchen Tat, noch gestatten sie Rückschlüsse auf die persönliche Schuld.
- Dass der Täter Polizist ist, darf nicht ohne weiteres straferschwerend berücksichtigt werden, sondern nur dann, wenn durch die Tat besondere berufliche Pflichten verletzt werden.