Fehlende rechtliche Vaterschaft als Einwendung im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren
OLG Hamm 14.10.2020 – 2 WF 138/20
Aus dem Sachverhalt:
Der SGB II-Träger beantragte im vereinfachten Verfahren die Festsetzung von 100 % Mindestunterhalt abzüglich hälftigen Kindergelds für das Kind D aus übergegangenem Recht gem. § 33 SGB II. Da der Ag. innerhalb der ihm gesetzten Monatsfrist keine Einwendungen geltend machte, erging der Festsetzungsbeschluss wie beantragt. Gegen den Beschluss legte der Ag. Beschwerde ein mit der Begründung, er sei nicht der Vater des Kindes und davon ausgegangen, dass der Beschluss nicht ohne weitere Prüfung der Vaterschaft erlassen werde.
Aus den Gründen:
Im vereinfachten Verfahren besteht für den Unterhaltsberechtigten, vergleichbar mit dem Mahnverfahren gem. § 688 ff ZPO, eine schnelle Möglichkeit, einen Titel gegen den Unterhaltsverpflichteten zu bekommen. Wie die vorliegende Entscheidung zeigt, darf sich der Antragsgegner in einem solchen, formalisierten Verfahren nicht passiv verhalten, selbst wenn er – zutreffend – davon ausgeht, nicht der Vater zu sein:
„(…) Die statthafte Beschwerde des Ag. ist ungeachtet der Frage, ob die Monatsfrist des § 63 Absatz 1 BGB gewahrt ist, unzulässig (§ 256 S. 2 FamFG). […]Gem. § 256 S. 1 FamFG können mit der Beschwerde gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss nur die dort aufgeführten Einwendungen geltend gemacht werden. Gem. § 256 S. 2 FamFG ist die Beschwerde unzulässig, wenn sie sich auf Einwendungen nach § 252 Absatz 2 – § 252 Absatz 4 FamFG stützt, die nicht erhoben waren, bevor der Festsetzungsbeschluss erlassen war (…).
1. Nach der vorgenannten Vorschrift ist die Beschwerde des Ag. unzulässig, weil er seine Einwendungen gegen den angefochtenen Beschluss erstmals im Beschwerdeverfahren auf die Behauptung stützt, er sei nicht der Vater des Kindes. Diese Einwendung unterfällt entgegen der Ansicht des Ag. (§ 252 Absatz 2 FamFG; „andere Einwendungen“, …) und wäre daher nach der am 3.3.2020 erfolgten Zustellung des verfahrenseinleitenden Antrags im erstinstanzlichen Verfahren geltend zu machen gewesen, was indes nicht erfolgt ist. Mit diesem Vorbringen ist der Ag. somit im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen, was aus der strengen Formgebundenheit des vereinfachten Verfahrens folgt, die der Beschleunigung dienen soll (…).
Der Senat verkennt hierbei nicht, dass es nach Aktenlage derzeit unstreitig ist, dass eine rechtliche Vaterschaft des Ag. iSv § 1592 BGB nicht besteht. Das ändert aber nichts daran, dass es Sache des Ag. war, dies erstinstanzlich geltend zu machen. Hierauf ist er mit der Verfügung vom 26.2.2020, welche ihm zusammen mit dem Antrag am 3.3.2020 förmlich zugestellt worden ist, ausdrücklich hingewiesen worden. Das Familiengericht war – zumal im streng formalisierten vereinfachten Verfahren, das systematisch zu den ua vom Beibringungsgrundsatz geprägten Familienstreitsachen gehört und geschaffen worden ist, um dem Unterhaltsgläubiger auf schnellem Weg einen Titel zu verschaffen (…) – nicht gehalten, etwa von Amts wegen die Vaterschaft des Ag. zu überprüfen.
2. Der Ag. ist gleichwohl nicht rechtlos gestellt. Vielmehr steht ihm die Möglichkeit offen, gem. § 240 FamFG ein gesondertes Abänderungsverfahren einzuleiten. (…)
Zusammenfassung:
- Im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger unterfällt die Einwendung, nicht der Vater des betroffenen Kindes zu sein, § 252Abs. 2 FamFG („andere Einwendungen“) und ist daher im erstinstanzlichen Verfahren geltend zu machen. Andernfalls ist der Ag. mit diesem Vorbringen im Beschwerdeverfahren gem. § 256 S. 2 FamFG ausgeschlossen.
- Das Familiengericht ist im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger (§ 249 ff. FamFG) nicht gehalten, von Amts wegen die Vaterschaft des Ag. zu überprüfen.