Hundebellen zum Ärger des Nachbarn
Abwehranspruch wegen Belästigung?
Gegen den Antragsteller ist im Wege des einstweiligen Rechtschutzes eine polizeirechtliche Verfügung des Inhalts ergangen, dass der Antragsteller von seinem Grundstück ausgehendes Hundegebell in der Nacht von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr des darauf folgenden Tages komplett zu unterbinden und in den Stunden zwischen 06:00 und 22:00 Uhr geeignete Maßnahmen zu ergreifen hat, um das Hundegebell auf ein Höchstmaß von 60 Minuten täglich zu begrenzen.
Des Weiteren wurde die sofortige Vollziehung des Bescheides angeordnet und für den Fall der nicht vollständigen Erfüllung der Auflagen ein Zwangsgeld von zunächst 200 € und bei erneuter Nichterfüllung ein weiteres Zwangsgeld von 500 € angedroht. Für den Fall dass auch das zweite Zwangsgeld nicht zum Erfolg führen sollte, wurde die Wegnahme des Hundes angedroht.
Das Verwaltungsgericht Chemnitz hat mit Beschluss vom 2. März 2017 – 3 L 509/16 – die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers bezüglich der angedrohten Zwangsgelder und der angedrohten Wegnahme der Hunde angeordnet und den Antrag im Übrigen abgelehnt.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht Bautzen mit Beschluss vom 17. Juni 2017 – 3 B 87/17 – zurückgewiesen.
Die Verfügung finde ihre Rechtsgrundlage in Paragraph 3 Abs. 1 des Sächsischen Polizeigesetzes. Danach kann die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken die erforderlichen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Fall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren an, soweit die Befugnisse der Polizei nicht besonders geregelt sind.
(Eine entsprechende Regelung befindet sich Paragraph 10 Abs. 1 des brandenburgischen Polizeigesetzes).
Das Oberverwaltungsgericht hat vorliegend die Voraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage bejaht.
Das Hundegebell stelle eine erhebliche Belästigung der Nachbarn und damit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Gemäß Paragraph 4 der entsprechenden Gemeindeverordnung seien Tiere so zu halten und zu beaufsichtigen, dass Menschen, Tiere oder Sachen nicht belästigt oder gefährdet werden. Definiere eine Verordnung ein Gebot oder Verbot, so entstehen dadurch öffentlich-rechtlichen Verhaltenspflichten, die den Begriff der Bedrohung der öffentlichen Sicherheit im Sinne von Paragraph 1 Absatz 1 des sächsischen Polizeigesetzes konkretisieren. Ihre Beachtung liege somit im öffentlichen Interesse. Bei der angegriffenen Ordnungsverfügung handele es sich demnach um eine vorbeugende Maßnahme zur Gefahrenabwehr, hier durch die Abwehr von konkret möglichen Gesundheitsschäden durch belästigendes Hundegebell.
Im Übrigen liege auch deshalb eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vor, weil belästigendes Hundegebell ordnungswidrig sein. Ordnungswidrig im Sinne von Paragraph 17 Abs. 1 der sächsischen Polizeigesetzes handele nach Paragraph 16 Absatz 1 Polizeiverordnung (auch insoweit bestehen entsprechende brandenburgische Regelungen), wer vorsätzlich oder fahrlässig Tiere so halte oder beaufsichtige, dass andere Menschen, Tiere oder Sachen belästigt oder gefährdet werden, sowie nach Paragraph 117 Abs. 1 OWiG, wer ohne berechtigten Anlass oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm errege, der geeignet sei, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen.
Nach Auffassung des Gerichtes konnte offen bleiben, ob das Hundegebell bereits als Gesundheitsgefährdung für die Nachbarn einzustufen sei, da jedenfalls für die Nachbarschaft eine erhebliche Belästigung vorlege.
Belästigungen definiert das Gericht als Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens, die noch keine Gesundheitsschäden bewirken. Das Gericht sieht Belästigungen als erheblich an, wenn sie nicht mehr geringfügig sind, wovon auszugehen sei, wenn sie das ortsübliche unzumutbare Maß übersteigen.
Das Gericht weist darauf hin, dass lautes Hundegebell aufgrund seiner Eigenart als ungleichmäßiges, lautes Geräusch grundsätzlich dazu geeignet sei, das körperliche Wohlbefinden eines Menschen zu beeinträchtigen. Denn bei dem Hundegebell handele sich um ein Geräusch, dass wegen seiner Eigenart ganz besonders die Aufmerksamkeit auf sich ziehe.
Überschreitung von Grenzwerten nicht maßgeblich
Ob es sich um eine unzumutbare Belästigung handle, sei unabhängig von der Überschreitung etwaiger Grenzwerte zu beurteilen. Bei Hundegebell sein viel mehr auf dessen Intensität abzustellen sowie auf die Häufigkeit, die Dauer, den Zeitpunkt oder den Zeitraum des Hundegebells. Entscheidend sei das Empfinden eines verständigen Betroffenen. Danach stelle nur kurzzeitiges oder gelegentliches Hundegebell keine Belästigung, sondern eine hinzunehmende sozialadäquate Geräuschkulisse dar. Hingegen stelle häufiges oder länger anhaltendes Hundegebell in der Regel für Nachbarn eine erhebliche Belästigung dar.
Von Letzterem sei nach Auffassung des Gerichts vorliegend auszugehen.
Auch werde dem Antragsteller weder das Halten von Hunden unmöglich gemacht, noch werde ihm Unmögliches abverlangt. Denn die Anordnungen bezögen sich ersichtlich nicht auf jegliches Hundegebell, sondern nur auf belästigende, nämlich andauerndes oder häufiges Bellen der Hunde.
Zusammenfassung:
- Belästigungen sind dann erheblich, also nicht mehr geringfügig, wenn sie das ortsübliche und zumutbare Maß übersteigen.
- Häufiges oder länger anhaltendes Hundegebell kann für Nachbarn eine erhebliche Belästigung darstellen.